Herr Sandmann, Sie waren lange Jahre in der Softwarebranche tätig. Inwieweit ist das Konzept 'Software as a Service' mit dem Mietmodell bei mobiler Videoüberwachung vergleichbar?

Die Modelle sind in der Tat sehr ähnlich. Beide haben gemeinsam, dass der Kunde einen Service für eine bestimmte Laufzeit mietet und sich nicht selbst um Dinge wie Technik, Wartung oder Updates kümmern muss. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass SaaS-Lösungen meist tiefer in die vorhandene Umgebung integriert werden müssen, ein Wechsel also deutlich aufwendiger ist. Bei der mobilen Videoüberwachung ist das einfacher: Die eingesetzte Überwachungstechnik ist grundsätzlich austauschbar. Doch Technik allein reicht nicht aus. Wirklich entscheidend ist das Gesamtkonzept.

Hat das Auswirkungen auf die Kundenbeziehung?

Ja, denn während Überwachungstechnik von vielen geliefert werden kann, sorgt unser umfassender Service dafür, dass unsere Lösung im täglichen Einsatz spürbar besser funktioniert Diese Leistung ist nicht nur der Videoturm, sondern ein Gesamtpaket aus Kundennähe, Verfügbarkeit und Qualität der Systeme, Alarmzentrale und Service. Nur wenn alles stimmt, ist der Kunde zufrieden und bleibt. 94% unserer Kunden beauftragen uns immer wieder, und wir haben eine Weiterempfehlungsquote von 97%.

Was bedeutet Service hier konkret?

Es beginnt mit der Beratung. Statt sich auf Google Maps Bilder zu verlassen und pauschale Empfehlungen abzugeben, sind unsere Vertriebsmitarbeiter direkt vor Ort. Sie begutachten die Gegebenheiten auf der Baustelle und entwickeln daraus ein passendes Sicherheitskonzept. Denn viele relevante Faktoren lassen sich auf Bildern schlicht nicht erkennen. Nur durch die Besichtigung vor Ort kann eine Lösung erarbeitet werden, die sowohl bedarfsgerecht als auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Bei der Anlieferung ist dann bei Bedarf der regionale Projektmanager vor Ort, hilft bei der richtigen Positionierung und gibt eine Einweisung in das System. Außerdem steht er dem Kunden während der gesamten Mietdauer bei Problemen zur Seite. In der Betriebsphase stellt unser Service- und Support-Team zudem sicher, dass die UFOs einwandfrei ihren Dienst tun, Alle diese Leistungen sind im festen Mietpreis enthalten, genauso wie die Alarmbearbeitung durch die Alarmzentrale.

Mehr Service bedeutet aber auch mehr Personal...

Das stimmt. Wir investieren gerade massiv, um den Service für unsere Kunden weiter zu verbessern. Bis Ende des Jahres werden wir unser Vertriebs- und Projektmanagement-Team im Vergleich zu 2024 nahezu verdoppelt haben. Wir sind die einzigen in der Branche, die neben dem Vertrieb ein eigenes Projektmanagement-Team unterhalten. Wir legen auch sehr großen Wert auf die Personalentwicklung. Derzeit läuft bei Kooi über alle Ländergesellschaften hinweg ein Programm zur Mitarbeiterentwicklung und Qualifizierung von Führungskräften. Als Unternehmen mit hohem Qualitätsanspruch braucht man Mitarbeiter, die das auch leisten können.

KI sorgt derzeit in vielen Bereichen für rasante Entwicklungen. Welche Rolle spielt sie bei der mobilen Videoüberwachung?

Wir setzen in unseren Systemen schon seit längerem KI ein, sie kann die Detektierung in Alarmsituationen deutlich verbessern. KI-basierte Lernmodelle machen es möglich, einem System auf Knopfdruck Millionen Erfahrungen zur Verfügung zu stellen. KI wird aber auf absehbare Zeit keine Menschen in unseren Alarmzentralen ersetzen,sondern dem Personal mehr Zeit verschaffenEntscheidungen zu treffen, die KI heute und in den kommenden Jahren nicht zuverlässig treffen kann.

Wie sieht es mit anderen Innovationen aus?

Es tauchen immer wieder neue Dinge auf, die von anderen teilweise sehr schnell auf den Markt gebracht werden. Manche Lösungen sehen erst einmal gut aus, funktionieren dann aber in anspruchsvollen Situationen nicht, und es kommt zu Fehlalarmen oder kompletten Ausfällen. Auch wir entwickeln unsere Systeme kontinuierlich weiter und erproben verschiedenste Ansätze und Technologien. Auf den Markt kommt aber nur, was unseren hohen Anforderungen an Qualität und Zuverlässigkeit entspricht.. Unsere UFOs basieren auf 15 Jahren Erfahrung am Markt, jede Innovation ist bei uns im täglichen Betrieb auf Robustheit und Zuverlässigkeit getestet worden. Darüber hinaus fördern wir aktiv nachhaltige Entwicklungen in all unseren Geschäftsbereichen. Dazu gehören unter anderem autarke Stromversorgungslösungen auf Solarbasis sowie der Einsatz von Brennstoffzellen und anderen Energiequellen. Diese Maßnahmen sind fester Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsstrategie, mit dem Ziel, als Unternehmen bis 2030 klimaneutral zu sein..

Was sind Ihre Ziele für die kommenden Jahre?

Wir wollen in allen Segmenten wachsen, in denen wir bereits tätig sind, also etwa in Hoch- und Tiefbau, Infrastruktur, Wind- und Solarparks sowie der Brandfrüherkennung. Darüber hinaus wollen wir zusätzliche Segmente erschließen. Die mobile Videoüberwachung hat bislang höchstens 30% ihres Potenzials ausgeschöpft. Bei Solarparks beispielsweise haben wir bislang nur die Bauphase abgesichert, danach wurden in der Regel feste Systeme installiert. Immer mehr Betreiber scheuen aber die Investitions- und Instandhaltungskosten und sind an einer Mietlösung interessiert, bei der sie fest kalkulierbare Betriebskosten haben.

Wie wirkt sich die immer noch schwache Konjunktur im Hochbau aus?

Die Baukonjunktur hat einen geringeren Einfluss als gemeinhin angenommen. Baumaschinen, Werkzeuge und Material sind ja trotzdem da und müssen bewacht werden. Auf den Betriebsgeländen von Bauunternehmen lagern oft Millionenwerte. Auch hier wächst die Zahl der Unternehmen, die für die Videobewachung lieber auf eine fest kalkulierbare Mietlösung setzen als selbst für Investitions- und Instandhaltungskosten aufkommen zu müssen.

Kooi zählt zu den Pionieren der mobilen Videoüberwachung, inzwischen gibt es aber immer mehr Anbieter am Markt. Hat sich der Markt dadurch verändert?

Es stimmt, in Deutschland gibt es mittlerweile mehrere Dutzend meist kleinere Anbieter, die teilweise mit einer sehr offensiven Preisstrategie auf den Markt drängen. Im Vergleich dazu hat Kooi in Deutschland fast 2.000 Systeme im Markt, wir verfügen über eine Alarmzentrale mit geschultem Personal, ein großes Vertriebs-, Projektmanagement- und Serviceteam und eine deutschlandweite Logistik. Wer nur 10 oder 20 Türme und kaum Erfahrung mit dem Geschäftsmodell hat, wird es schwer haben, das gesamte Leistungspaket auf dem gleichen Qualitätsniveau zu bieten. Ich sehe aber auch einen Vorteil in den neuen Anbietern: Sie bilden den Markt aus und bringen das Thema mobile Videoüberwachung in die Breite. Sie schaffen damit letztlich das Fundament für die etablierten Anbieter, die aufgrund von Erfahrung und Größe einen besseren Service anbieten können. Und der ist am Ende des Tages entscheidend. Mobile Videoüberwachung ist eben, um noch einmal die Analogie zur Software zu nehmen, 'Security as a Service'.

Erschienen in der Security Insight, Ausgabe 04 | 2025