Wie reagierte dein Umfeld vor zehn Jahren, als du angekündigt hast, dass du dich selbstständig machen willst?

„Ziemlich gelassen. Ihnen war schon klar, dass ich mal selbstständiger Unternehmer werden würde. Schließlich komme ich aus einer Unternehmerfamilie. Mein Vater war Landwirt. Bis zum Alter von fünfzehn Jahren wollte ich auch Viehhalter werden. Bei uns zuhause wurde nie viel geredet, aber später merkte ich, dass ich doch eine gehörige Portion Überredungskraft besaß. Ich beriet Kunden in einem Werkzeuggeschäft, servierte Urlaubern, die eigentlich nur Kaffee bestellt hatten, auch gleich den Apfelkuchen dazu, und besuchte Unternehmen, um Drucker zu verkaufen. Lauter verschiedene Jobs, in denen ich viel Kontakt mit Menschen hatte. Für mich viel interessanter als Kühe. Schlussendlich wollte ich auf eigenen Beinen stehen, und so entstand Kooi Security.”

„Ich hatte nicht genügend Mittel und zu wenig Kenntnisse. Ich schaffte es nicht mehr allein.“

 

Was war dein wichtigstes Motiv für die Existenzgründung, die Selbstständigkeit?

„Ganz klar! Ich war einfach enorm motiviert, auf meine eigene Weise und mit einem tollen Produkt Menschen froh zu machen. In den ersten drei Jahren habe ich Pionierarbeit geleistet. Mit einem Team von zwanzig Mitarbeitern haben wir uns gründlich in die Technik der mobilen Kameraüberwachung eingearbeitet. Damals installierte ich die UFOs noch selbst. Einmal bin ich zusammen mit einem Kollegen nach Südafrika geflogen, um ein System anzuschließen. Das war echt ein tolles Erlebnis! Damals hatte ich am liebsten immer alles selbst im Griff. Ich entschied sogar selbst, in welchem Lastwagen die Materialien transportiert wurden. Nach dieser Phase bekamen wir eine eigene Notrufleitstelle, im Unternehmen entstanden Abteilungen, ich übernahm immer mehr Verantwortung. Schlussendlich musste ich jedoch einsehen, dass ich nicht mehr alles allein bewältigen konnte. Dazu hatte ich einfach nicht genügend Mittel und zu wenig Kenntnisse.“

„Wenn ich mit einer Tüte voll chinesischem Essen vor der Tür stand, ahnten meine Eltern schon, was los war: Er wird wohl wieder Geld brauchen.“

Eine konfrontierende Erkenntnis für jemanden, der unabhängig sein will....

„Das war das einzige Mal in zehn Jahren, dass ich wirklich nicht mehr weiterwusste. Früher hatte ich öfter mit einer Tüte chinesischem Take-away-Essen bei meinen Eltern vor der Tür gestanden. Die ahnten dann schon, was los war: Er wird wohl wieder Geld brauchen. Mir war aber klar, dass diesmal 50.000 Euro nicht reichen würden. In dem Moment sah ich einfach keinen Ausweg mehr. Das war im Sommer 2016. Die europäische Wirtschaft kam aus der Talsohle. Kooi Security wuchs um 20% pro Jahr, aber das war noch nicht genug, fand ich. Ich wurde von anderen Unternehmen überrundet, während ich nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich Chancen sah. Ich konnte einfach nicht alles gleichzeitig bewältigen. Da musste ich wirklich die entscheidende Weiche für die Zukunft stellen: Soll ich hinnehmen, dass der Markt um mich herum schneller wächst, oder wollen wir jetzt wachstumsmäßig so richtig durchstarten? Die zweite Entscheidung würde bedeuten, dass ich ein großes persönliches Opfer bringen müsste.“

„Ich opfere einen Großteil meiner Selbstständigkeit, damit das Unternehmen wachsen kann.“

 

Triffst du eine so wichtige Entscheidung ganz allein?

„Hör auf dein Bauchgefühl“, riet meine Frau Margot. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Am französischen Nationalfeiertag, am 14.7.17 um 14.07 Uhr, wurde unsere älteste Tochter Elisa geboren. Eine Viertelstunde nach diesem magischen Moment kam ein Anruf. Ein Stratege machte mir ein attraktives Angebot für die Übernahme von Kooi Security. Da habe ich abgelehnt. Einmal ganz davon abgesehen, dass er wusste, dass die Geburt an diesem Tag eingeleitet werden würde, und dann genau an dem Tag mit mir ins Geschäft kommen wollte: mein Unternehmen ganz zu verkaufen, fühlte sich einfach nicht richtig an. Zu der Zeit ließ ich mich von einem Team von Finanzberatern unterstützen. Nach einer nervenaufreibenden Zeit hatte ich mich entschieden, den Weg mit der unabhängigen Finanzierungsgesellschaft Bencis fortzusetzen. Ich war bereit, einen Großteil meiner Selbstständigkeit zu opfern, damit das Unternehmen wachsen konnte.“

„Ich war frustriert, emotional und fest entschlossen gleichzeitig.“

 

War das Geschäft schnell in trockenen Tüchern?

„Ganz im Gegenteil. Fast hätte es sich doch noch zerschlagen. Auch daran kann ich mich noch genau erinnern. Frühjahr 2018. Wir hatten uns mit der ganzen Familie in einem Hotel in Lemmer einquartiert, um dort die friesische Traditionsregatta Skûtsjesilen mitzuerleben. Kurz bevor wir lossegeln wollten, erhielt ich einen Anruf, dass das Geschäft wahrscheinlich nicht klappen würde. Da hat mich ein Gefühlssturm eiskalt erwischt. Ich war frustriert, emotional und fest entschlossen - alles gleichzeitig. Die Entscheidung für Bencis hatte mich schon so viel Zeit und Energie gekostet, und jetzt sollte das Geschäft wegen „ein paar Euro“ platzen? Da habe ich meinen Berater beauftragt, den Deal um jeden Preis abzuschließen. Und dann habe ich mein Telefon ausgeschaltet und bin, ohne irgendwie Bescheid zu wissen, an Bord meines Skûtsjes gegangen. Während der Regatta habe ich einfach alle Gefühle losgelassen. Zweieinhalb Stunden lang war ich unerreichbar. Wir haben die Regatta gewonnen, dann bin ich wieder an Land gekommen.“

„Ich darf wieder Pionierarbeit leisten, aber jetzt auf internationaler Ebene.“

 

Und wie ging es dann weiter?

„Ich sah ein paar verpasste Anrufe. Als ich meinen Berater zurückrief, kam die erlösende Nachricht: „Alles unter Dach und Fach!“ Da wurden mir buchstäblich die Knie weich. Was für eine Entladung - gleich zweimal gesiegt an einem Tag! Bencis bringt Geld, Kenntnisse und Fachkompetenzen in unser Unternehmen ein, und jetzt darf ich nach zehn Jahren wieder von der Pike auf anfangen, das ist wirklich ein tolles Gefühl. Ich darf wieder Pionierarbeit leisten, aber jetzt auf internationaler Ebene. Ich brauche keine Chancen mehr ungenutzt verstreichen zu lassen. Wir bauen unsere Position auf dem europäischen Markt aus. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich eröffnen wir neue Leitstellen und mehrere Niederlassungen. Außerdem wollen wir unser Wachstum im Vereinigten Königreich noch einmal anschieben. Und gleichzeitig orientieren wir uns auf die Wachstumschancen in Skandinavien sowie in Mittel- und Südeuropa. Inzwischen haben wir eine ausgewachsene vierköpfige Geschäftsführung, das ist für mich eine Superunterstützung. So brauche ich nicht mehr alles im Alleingang zu tun.“


„Zum ersten Mal in zehn Jahren habe ich mir zwei Wochen freigenommen.“

 

Was war dein größter Lerneffekt in zehn Jahren Kooi Security?

„Das waren sogar gleich mehrere. Die letzten drei Jahre waren nicht nur die schwersten, sondern auch die schönsten, weil ich ganz neue Erkenntnisse gesammelt habe, vor allem über mich selbst. Ich muss lernen, mehr loszulassen, anderen Menschen Verantwortung zu übertragen, und ihnen mein Vertrauen zu zeigen. So kann ich selbst auch sowohl das Unternehmen als auch meine eigene Work-Life-Balance mehr genießen. Zum ersten Mal in zehn Jahren habe ich mir zu Weihnachten zwei Wochen freigenommen. Das mache ich bestimmt noch mal öfter. OK, ich bin viermal zu einer Tasse Kaffee ins Büro gefahren, aber das nenne ich ja noch kein Arbeiten. Das ist mehr ein „Way of Life“. Mir macht es richtig Spaß, meine Konkurrenten im Auge zu behalten, meine Energie in neue Ideen zu investieren, und Menschen von meinen Plänen zu überzeugen. Da liegt meine Leidenschaft, das geht ganz von selbst und kostet mich überhaupt keine Mühe!“

„Vielleicht gönne ich mir bald jede Woche einen Papa-Tag“.

 

Wohin soll der Zukunftskurs des Unternehmens führen?

„Seitdem Bencis an Bord gekommen ist, haben wir so richtig losgelegt. 2019 ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 65% gestiegen. Das ist nicht weniger als das Dreifache wie früher. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich diese Weiche für das Unternehmen gestellt habe. Dadurch können wir unser Wachstum fortsetzen, und das ist für mich ein Traum, der in Erfüllung geht! Ich schaue nicht allzu weit in die Zukunft. In den nächsten drei Jahren fokussieren wir uns auf die europäische Expansion. Dort wollen wir uns die führende Position erobern. Neben den UFOs erhoffen wir uns auch gute Chancen mit unserem RED-System (Rising Early Detection): Branderkennungssysteme, die die Temperatur von selbstentzündungs- bzw. brandempfindlichen Produkten überwachen. Und auch intern können wir noch einiges verbessern. Ich wünsche mir ein optimales Verhältnis zwischen jungen Talenten und erfahrenen Mitarbeitern. Die richtigen Menschen am richtigen Platz. Ich habe auch vor, mir hoffentlich etwas mehr Freiräume zur Erholung zu gönnen. Wer weiß, vielleicht mache ich ja mit meiner Familie eine lange Asienreise, fahren wir zur Olympiade in Japan, oder gönne ich mir jede Woche einen Papa-Tag...“

„Das neue Geschäftsführungsteam kann auch schon mal gegensteuern. Von Jasagern habe ich nichts.“

 

Bist du stolz auf alles, was du erreicht hast?

„Kooi Security ist in über zwanzig europäischen Ländern international aktiv. Wir haben uns vom KMU-Unternehmen zur professionellen Organisation entwickelt, von zwanzig Mann zu einem Team von hundert Mitarbeitern. Zu Anfang hatten wir das Glück, dass einer der größten Windradbauer der Welt unser Kunde wurde. Das hat uns den Aufwind gegeben, der uns mit in das Ausland getragen hat. Jetzt suche ich selbst neue Chancen auf dem internationalen Parkett und schließe dort strategische Partnerschaften. So ist der Erfolg keine Glückssache mehr. Im neuen Management-Team gibt es Männer, die sich in mancherlei Hinsicht besser auskennen als ich. Die steuern auch schon mal gegen, das finde ich fantastisch. Von Jasagern habe ich nichts. Wir haben die Kooi Academy gegründet, in der die Mitarbeiter ihre Zielsetzungen verfolgen können. Durch intensives Coaching investieren wir ganz bewusst in ihre persönliche Entwicklung. Die grenzenlose Begeisterung ist im ganzen Unternehmen spürbar, darauf bin ich wirklich sehr stolz.“

„Ich fahre jeden Tag über das ganze Gesicht strahlend zur Arbeit.“


Kooi Security besteht jetzt 10 Jahre, und du hast schon so viel erlebt. Fühlst du dich da nicht alt?

„Haha, auch wenn wir ein erwachsenes Unternehmen haben, bleibe ich selbst geistig jung. Natürlich gibt es manchmal schwierige Meetings, da können die Emotionen schon mal hohe Wogen schlagen, oder müssen unter Druck schwere Entscheidungen gefällt werden. Aber auf dem Flur ist immer Gelegenheit für ein Gespräch oder für einen Scherz. Ich fahre jeden Tag über das ganze Gesicht strahlend zur Arbeit. Und im Privatleben hält mein großes Hobby Skûtsjesilen mich wach und frisch. Beim Segeln genieße ich die Schönheit des Wassers und der Natur um mich herum in vollen Zügen. Das wirkt einfach unglaublich beruhigend. Und auch aus meiner Familie schöpfe ich viel Kraft. Wenn ich nach Hause komme und ihre fröhlichen lachenden Gesichter sehe, bin ich rundherum glücklich. Die Familie ist letztendlich doch das Allerwichtigste! Eigentlich fühle ich mich immer noch genau so wie damals, ein energischer Junge, der auf der Luftmatratze im Mittelmeer dümpelt, und ich hoffe, dass ich noch möglichst lang unser fantastisches Unternehmen genießen darf!

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